Kurzgeschichten

Nikolaus

Niko Laus ist ein 14-jähriger Junge und wohnt in der Nachbarschaft. Er spielt gerne Fußball und isst für sein Leben gern – Pizza. Vor allem die mit extra viel Käse. Im Gegensatz zu den anderen Kindern in seinem Alter, hasst er die Weihnachtszeit. Am Liebsten würde er die vier Wochen in einen Winterschlaf verfallen und erst wieder aufwachen, wenn all der Spuk vorbei ist. Da dies leider nicht funktioniert, verfolgt er eine andere Taktik: Schlecht gelaunt und mürrisch durch den Tag. Das ist Nikos Motto. Nur so kann er seiner Meinung nach die Zeit der „frohen Botschaften“ überleben. Um Kontakte mit anderen Menschen so gut wie es geht, zu vermeiden, geht er nur mit seinem weißen Kapuzenpulli vor die Türe, den er tief in sein Gesicht zieht. Den Blick auf den Boden gerichtet, um nicht unnötig von Leuten erkannt zu werden. Was hatten sich seine Eltern nur bei seinem Vornamen gedacht? War ihnen damals nicht aufgefallen, dass er mit dem Nachnamen zusammen wie „NIKOLAUS“ klingt? Oder haben sie ihren einzigen Sohn extra so genannt, weil sie es ebenfalls witzig wie alle anderen in seiner Klasse und der ganzen Welt fanden? Niko vermutete Letzteres. Niko stapfte durch den Schnee und ärgerte sich, dass er für sein morgiges Referat etwas vergessen hatte. Nun musste er gezwungenermaßen noch mal vor die Tür. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er irgendjemanden über den Weg laufen würde. Niko senkte seinen Kopf noch tiefer und wollte gerade die Tür zum Laden aufstoßen, als er in einen dicken Mann lief. Beide schrien auf. Der heiße Kaffee sickerte so schnell durch seine Jacke hindurch, dass Niko sie panisch auszog und fallen lies. „Pass doch auf Junge!“, brummte der Herr verärgert und ging einfach an ihm vorbei. Fassungslos blickte Niko ihm hinterher. „Danke, der Nachfrage. Mir gehts gut. Außer das meine Jacke und mein Pulli in Kaffee getränkt sind. Ich ziemlich angepisst darüber bin, fühle ich mich fantastisch“, rief er dem Mann nach und hob seine nasse Jacke auf. Frau Baldin, die Besitzerin des Ladens, eilte herbei. „Niko du Armer, ist dir etwas passiert?“ Kopfschüttelnd begutachtete sie seinen Kapuzenpulli und die klitschnasse Jacke, die er zwischen Daumen und Zeigefinger vor seinem Körper hielt. „So kannst du nicht nach Hause, mein Junge. Du holst dir ja den Tod da draußen!“ Mit schnellen Schritten verschwand sie hinter der Verkaufstheke. „Ist schon gut!“, murmelte Niko genervt. „Ich bin ja nicht aus Zucker!“ Da kam Frau Baldin aber schon wieder zurück. Sie hatte eine Jacke im Arm. Glücklich strahlte sie ihn an. „Hier bitteschön. Die wird dich schön warm halten.“ Niko konnte es nicht fassen. War das tatsächlich ihr Ernst oder machte sie sich einen Scherz mit ihm? „Das werde ich garantiert nicht anziehen!“, schnaubte er. „Lieber erfriere ich!“  „Na, na, junger Mann. Stell dich bitte nicht so an. Der Mantel ist kuschlig warm und passt perfekt zum heutigen Tag.“ Niko rollte mit den Augen. Warum hatte er nur das Haus verlassen? Wieso muss ihm denn immer so etwas passieren? Frau Baldin blickte ihn an und öffnete den Mantel, damit Niko reinschlüpfen konnte. Niko stand da, zögerte und überlegte. Immerhin waren es draußen Minus 15 Grad. Sein Heimweg würde fast 30 Minuten dauern. Mit nur einem Pulli am Körper würde er es wahrscheinlich nicht bis nach Hause schaffen. Es war zwar die schrecklichste Zeit des Jahres, aber erfrieren wollte er doch nicht. Auch wenn er das vorhin als Option erwogen hatte. Frau Baldin stand immer noch da und nickte ihm zu. „Komm schon, zieh ihn an.“ Niko atmete einmal schwer aus und schlüpfte in den kuscheligen knallroten Nikolausmantel. 

Auf dem Rückweg nahm er einen anderen Weg. Der war sicherer. Hier war die Chance gleich Null, dass irgendjemand von seinen Freunden ihn in diesem Aufzug sehen würde. Denn falls ihn wirklich irgendjemand in diesem Mantel sehen würde, dann müsste er wirklich in einen Winterschlaf fallen. Oder noch besser in einen Ganzjahres-Schlaf. Mit schnellen Schritten eilte er durch die dunklen Gassen, als er plötzlich ein kleines Mädchen heulen hörte. Sie saß schluchzend vor einem Haus auf der Treppe. Ihr Gesicht hatte sie tief in den Händen vergraben. „Warum kommt der Nikolaus nicht zu mir!“, hörte er sie murmeln. „Ich war doch so brav.“ Niko wurde ganz traurig, als er das Mädchen so weinend sah. Er blickte sich um, setzte seine Kapuze auf und ging auf sie zu. „Entschuldige, ich habe mich ein bisschen verspätet.“, sagte Niko mit tiefer verstellter Stimme. Das Mädchen schreckte hoch und blickte ihn durch ihre verheulten Augen glücklich an. „Nikolaus, du bist doch noch gekommen“, rief sie und umarmte ihn. Niko lächelte und dachte, dass er vielleicht seine Meinung zu seinem Namen und der fünften Jahreszeit noch einmal überdenken sollte. 

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